
Wiens Kaffeehäuser – vom Klassiker bis zur modernen Rösterei
Wien ohne Kaffeehaus? Kaum vorstellbar. Zwischen Samtpolstern, Marmortischen und dem Duft frisch gemahlener Bohnen entfaltet sich ein Stück gelebter Stadtgeschichte. Ob prunkvoller Klassiker, hipper Third-Wave-Hotspot oder versteckte Perle – wir zeigen dir die schönsten Kaffeehäuser der Stadt und erzählen, was sie so besonders macht.
Geschichte und Spezialitäten: Wiens Kaffeehauskultur verstehen
Die Wurzeln der Wiener Kaffeehauskultur reichen ins späte 17. Jahrhundert zurück. Nach der Zweiten Türkenbelagerung 1683 gelangten Kaffeebohnen nach Wien – ob durch den Kaufmann Johannes Theodat oder den sagenumwobenen Georg Franz Kolschitzky, ist bis heute umstritten. Sicher ist: Bereits 1685 eröffnete das erste Kaffeehaus. Im 19. Jahrhundert wurden die Salons zu Treffpunkten von Literaten, Künstlern und Politikern. Hier wurden Zeitungen geboren, Debatten geführt und Ideen geschmiedet.

Sachertorte? Natürlich stilecht im Hotel Sacher!
2011 erklärte die UNESCO die Wiener Kaffeehauskultur zum immateriellen Kulturerbe – eine Anerkennung für Orte, an denen Zeit keine Rolle spielt. Charakteristisch sind die fast schon royal anmutende und an die Vergangenheit erinnernde Einrichtung und der Geruch von Mehlspeisen und Kaffee. Bedient wird traditionell auf dem Silbertablett, stets mit einem Glas Wasser als Begleitung. Gäste verweilen hier stundenlang: lesend, schreibend oder im Gespräch vertieft – und genießen, dass im Kaffeehaus nicht nur der Kaffee, sondern auch ein Stück Zeit und Raum serviert werden.
Beliebte Kaffeespezialitäten in Wien:
- Melange – halb Kaffee, halb Milch, mit feinem Milchschaum
- Einspänner – im Glas servierter Mokka mit Schlagobers
- Fiaker – Mokka mit einem Schuss Rum oder Kirschwasser
- Verlängerter – Espresso mit zusätzlichem heißem Wasser
- Franziskaner – Milchkaffee mit Obershaube
- Kleiner/Großer Brauner – Mokka mit einem Schuss Milch oder Obers
Rund 40 Variationen sorgen dafür, dass jeder sein persönliches Lieblingsgetränk findet – egal ob im traditionsreichen Salon oder im modernen Kaffeelabor.
Echte Klassiker: Sacher, Demel & Central
Wer an Wiener Kaffeehäuser denkt, kommt an den großen Namen der Szene nicht vorbei. Manche sind längst Legenden und ziehen Besucher aus aller Welt an – nicht nur wegen ihres Kaffees, sondern auch wegen der Geschichten, die sich um sie ranken.
Das Hotel Sacher, 1876 von Eduard Sacher gegründet, ist bis heute Synonym für die Original Sacher-Torte. Erfunden wurde sie jedoch schon 1832 von seinem Vater Franz Sacher, damals 16-jähriger Lehrling, für ein festliches Dinner bei Fürst Metternich. Eduard verfeinerte das Rezept in seiner Zeit beim Café Demel, bevor er mit seinem eigenen Haus gegenüber der Staatsoper den Mythos endgültig begründete. Noch heute genießen Gäste hier die luftige Schokoladenbiskuitmasse mit Aprikosenmarmelade und glänzender Glasur – stilecht serviert mit einem Glas Wasser und Schlagobers.

Das Kaffeehaus des Hotel Sacher ist in royalem Rot gehalten.
Eine entscheidende Rolle in der Geschichte der wohl bekanntesten Torte spielte das Café Demel, 1786 gegründet und seitdem kaiserliche und königliche Hofzuckerbäckerei. Hier perfektionierte Eduard Sacher das Familienrezept, bevor er sein eigenes Café eröffnete. Später entbrannte ein jahrzehntelanger Rechtsstreit zwischen Demel und dem Hotel Sacher über Namensrechte und Details der Zubereitung. Heute serviert Demel die „Demel’s Sachertorte“ – eine ebenso beliebte Variante – neben kunstvollen Torten, Apfelstrudel und den berühmten kandierten Veilchen, einst Lieblingsnascherei von Kaiserin Sisi.
Das Café Central ist ein weiteres Wahrzeichen der Wiener Kaffeehauskultur. Seit 1876 zieht es Besucher mit seiner neorenaissancezeitlichen Architektur und einer langen Liste berühmter Stammgäste an – von Sigmund Freud über Leo Trotzki bis Stefan Zweig. Die hohen Gewölbe, Marmorsäulen und der Klang von leisen Gesprächen verleihen dem Ort eine zeitlose Eleganz. Wer hier einen Platz ergattert, sollte sich neben einer Wiener Melange auch eine der hausgemachten Mehlspeisen gönnen.
Hippe und moderne Alternativen zum Kaffeehaus
Neben den altehrwürdigen Institutionen hat sich in Wien eine lebendige Third-Wave-Coffee-Szene entwickelt. Sie legt Wert auf Transparenz, schonende Röstung und kreatives Handwerk – und bringt frischen Wind in die traditionsreiche Kaffeehauslandschaft. Hier verbinden sich urbanes Design, innovative Zubereitungsmethoden und Bohnen aus kleinen, oft nachhaltig arbeitenden Röstereien.
Ein Beispiel ist J. Hornig. Die Grazer Traditionsrösterei betreibt in Wien ein stylishes Café, in dem der Fokus auf Specialty Coffee liegt. Neben klassischem Espresso gibt es Cold Brew, Filterkaffee aus der Chemex und saisonale Kreationen. Die minimalistische Einrichtung mit viel Holz und Glas unterstreicht das puristische Konzept – der Kaffee steht hier klar im Mittelpunkt.
Klein, unscheinbar und unter Kaffeefans längst ein Geheimtipp ist kaffeemik. Das winzige Café in der Zollergasse bietet wechselnde Kaffees von internationalen Top-Röstereien an – mal aus Skandinavien, mal aus Australien. Der Fokus liegt auf handgebrühtem Filterkaffee und Espresso in höchster Qualität. Ohne viel Schnickschnack, aber mit einem Gespür für die perfekte Tasse, ist kaffeemik ein Muss für alle, die Kaffee nicht nur trinken, sondern bewusst erleben wollen.



Jonas Reindl Coffee Roasters begann als kleines Café am Schottentor und röstet inzwischen selbst. Die Bohnen stammen aus direktem Handel, werden schonend verarbeitet und vor Ort frisch gebrüht. Die helle, luftige Atmosphäre und das internationale Publikum machen den Besuch zu einem kleinen Städtetrip für die Sinne – vom Flat White bis zum V60 Pour Over.
Na geh, schau – hier geht Wien auf einen Kaffee!
Wer das Wesen der Wiener Kaffeehauskultur verstehen will, findet die Antwort nicht nur in den berühmten Namen, sondern in jenen Lokalen, die seit Jahrzehnten fast unverändert geblieben sind. Hier wird der Kaffee noch in Porzellantassen serviert, die Tageszeitung steckt im Holzhalter, und das Gespräch am Nebentisch klingt, als könnte es genauso gut 1975 stattfinden.
Das Café Ritter auf der Mariahilfer Straße ist so ein Ort. Seit Ende des 19. Jahrhunderts prägen hohe Decken, Kristalllüster und der Blick auf die belebte Einkaufsstraße das Bild. Trotz der zentralen Lage ist es ein Platz, an dem man in Ruhe seinen Verlängerten trinken und das bunte Treiben draußen beobachten kann – ein Treffpunkt für Jung und Alt, Künstler ebenso wie Geschäftsleute. Achtung: Hier kannst du nur in bar bezahlen.


Im Café Jelinek im 6. Bezirk riecht es nach Filterkaffee und frisch gebackenen Kipferln. Dunkle Holzvertäfelung, abgewetzte Polsterbänke und ein alter Kachelofen prägen das Interieur. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein – und gerade das macht den Reiz aus. Stammgäste schätzen die unkomplizierte Atmosphäre und den Kaffee, der so serviert wird, wie er immer schon serviert wurde.
Das Café Sperl schließlich gehört zu den bekanntesten „typischen“ Wiener Kaffeehäusern – und ist doch weit weniger touristisch überlaufen als Sacher oder Central. Seit 1880 empfängt es Gäste mit Tageszeitungen und einer großen Auswahl an Mehlspeisen – ob zum Frühstück, zum Nachmittagskaffee oder auf einen kleinen Braunen am Abend. Sonntags erklingen dazu manchmal sogar Klavierklänge.
Auf einen Kaffee mit Parkblick direkt am Grün
Manchmal schmeckt Kaffee einfach besser mit einer Portion Natur vor der Nase. Wien bietet mehrere Kaffeehäuser, die nicht nur mit feinen Mehlspeisen locken, sondern auch mit Blick ins Grüne. Hier lässt sich der Stadttrubel für eine Weile ausblenden – ohne die Stadt zu verlassen.
Fast märchenhaft wirkt das Ponykarussell im Prater. In einem historischen Ringelspielgebäude untergebracht, versprüht das Café verspielten Charme. Die großen Fensterfronten geben den Blick auf den Prater frei und wer mag, verbindet den Besuch mit einem Spaziergang oder einer Runde im berühmten Riesenrad. Auf der Karte stehen Spezialitätenkaffee, hausgemachte Kuchen und herzhafte Snacks – perfekt für eine Pause zwischen Park und Vergnügungspark.

Im Ponykarussell speisen und danach den Prater erkunden: perfekt!
Die Kurkonditorei Oberlaa am Kurpark im 10. Bezirk ist ein Klassiker für süße Auszeiten. Berühmt für ihre Konditorkunst – von fruchtigen Törtchen bis zu cremigen Schnitten – lädt sie nach einem Spaziergang durch den weitläufigen Kurpark Oberlaa zu einer Pause ein. Auf der Terrasse genießt man eine Melange oder einen Verlängerten und fühlt sich sofort ein bisschen wie im Urlaub.
Moderne Gastronomie trifft auf barocken Park: Das Sperling im Augarten liegt im ältesten Barockgarten Wiens, umgeben von alten Baumriesen und gepflegten Alleen. Neben Frühstücksklassikern gibt es hier auch kreative Gerichte, oft mit regionalen Zutaten, und eine entspannte Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt – besonders an warmen Tagen im schattigen Gastgarten.
Honorable Mentions: Wiener Kaffee bei Oper und Oma
Manche Kaffeehäuser passen in keine feste Kategorie, sind aber zu charmant, um sie unerwähnt zu lassen. Sie verbinden besondere Lagen, ungewöhnliche Konzepte oder einfach ein Gefühl, das man so schnell nicht vergisst.
Das Café Gerstner ist kaiserliche und königliche Hofzuckerbäcker und liegt im Palais Todesco direkt an der Wiener Staatsoper. Vom eleganten Salon im Obergeschoss hat man einen Logenblick auf die Oper und die Szenerie davor. Neben klassischem Kaffee und feiner Patisserie ist vor allem die prunkvolle Einrichtung mit Kristalllüstern, hohen Spiegeln und stuckverzierten Decken ein Erlebnis – wie ein Ausflug in die Welt der Habsburger.
Ein ganz anderes Konzept verfolgt die Vollpension. Das „Generationencafé“ bringt Omas und Opas an den Herd und an die Kaffeemaschine – mit hausgemachten Mehlspeisen nach Familienrezepten. Hier geht es nicht nur um den Kuchen, sondern auch um Begegnungen und den Austausch zwischen Generationen. Die Atmosphäre ist herzlich, bunt und ein bisschen wie zu Besuch bei den Großeltern.
Das Aufzugcafé schließlich ist ein Ort für alle, die Designgeschichte und Kaffeegenuss verbinden wollen. In einem kleinen Lokal im 4. Bezirk sitzt man in originalen Jugendstil-Aufzugskabinen aus den frühen 1900er-Jahren. Samtpolster, Messing und Holz schaffen eine nostalgische Kulisse, während draußen die Stadt vorbeizieht. Serviert werden Kaffeespezialitäten, hausgemachte Kuchen und kleine Snacks – ein ungewöhnlicher Rahmen für eine gemütliche Pause.
Und das ist nur ein Auszug aus der Vielfalt, die Wien zu bieten hat. Ob prunkvoll, nostalgisch oder modern – in dieser Stadt findet jeder sein persönliches Lieblingskaffeehaus. Die größte Herausforderung ist wohl, sich zu entscheiden, wo man als Nächstes Platz nimmt.

Welche Klassiker auf jeden Fall auf deiner Must-See-Liste stehen sollten und was du sonst noch so für deinen Trip nach Wien beachten musst, erfährst du übersichtlich auf unserer umfangreichen Info-Seite.
Zum Artikel mit allen Wien-InfosFragen und Antworten zu Kaffeehäusern in Wien
Welches ist das älteste durchgehend betriebene Kaffeehaus in Wien?
Das älteste noch durchgehend existierende Wiener Kaffeehaus ist das Café Frauenhuber im 1. Bezirk (Innere Stadt), eröffnet bereits um 1824. Es gehört zu den ältesten Adressen der Kaffeehauskultur in Wien.
Was ist ein „Schanigarten“ und gibt es das auch bei Kaffeehäusern?
Ein Schanigarten ist ein Freiluftbereich vor einem Lokal, in dem Tische und Stühle auf öffentlichem Grund stehen – meist auf dem Gehsteig. Besonders im Frühling und Sommer sind sie bei Wiener Kaffeehäusern sehr beliebt. Ob direkt an der Ringstraße mit Blick auf historische Fassaden oder in einer ruhigen Seitengasse - hier lässt sich bei Kaffee und Torte das Stadtleben beobachten. Viele Kaffeehäuser, vom Sacher bis zu kleinen Grätzl-Cafés, öffnen jedes Jahr ihre Schanigärten, sobald die Temperaturen steigen.

Schanigärten wie hier am Spittelberg sind typisch für Wien.
Was macht ein traditionelles Wiener Kaffeehaus aus?
Die typische Einrichtung mit zum Beispiel gebogenen Thonet-Stühlen und der echte Kaffee- und Kuchengeruch bilden die Hauptmerkmale des Wiener Kaffeehauses. Der Kaffee wird fast immer auf einem Silbertablett mit einem Glas Wasser serviert. Wichtig ist auch die besondere Atmosphäre: Gäste dürfen stundenlang verweilen, lesen, schreiben oder diskutieren.
Wie viele Kaffeespezialitäten gibt es in Wien?
In der gehobenen Tradition werden über 40 verschiedene Kaffeevariationen serviert – von bekannten Klassikern wie Melange oder Einspänner bis hin zu Varianten wie Kapuziner und Franziskaner.
Gibt es heute moderne Spezialitäten-Cafés neben den klassischen Kaffeehäusern?
Ja. In den letzten Jahren ist in Wien eine lebendige Third-Wave-Coffee-Szene entstanden, die Wert auf direkte Herkunft, nachhaltigen Anbau, schonende Röstung und handwerkliche Zubereitung legt. Gleichzeitig sind die klassischen Kaffeehäuser weiterhin stark besucht – beide Welten ergänzen sich und viele Besucher genießen beides: die Melange im prunkvollen Salon und den Flat White in einem minimalistischen Specialty-Café.
Alle Kaffeehaus-Empfehlungen für Wien auf einer Karte
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Ursprünglich veröffentlicht am 10.09.2025









