Pistenglück in Vail und Breckenridge

Skifahren in den USA ist ein Mythos. Was ist anders als in Europa? Auch in den Alpen gibt es phasenweise massig Schnee - effektive Lifte und super präparierte Pisten sowieso. Weshalb sollte man in den Flieger steigen, bloß um Skifahren zu gehen? Auf der Suche nach Antworten hat unsere Bloggerin Johanna die Skigebiete Vail und Breckenridge in Colorado besucht.

Knapp 17 Stunden dauert es ab Deutschland, bis man im edel-lässigen Skiort Vail in Colorado theoretisch auf der Piste steht. Mit dem Flieger geht es nach Denver, von dort weiter mit dem Shuttlebus via Interstate 70 in knapp zwei Stunden ins 2.467 Meter hoch gelegene Vail. Willkommen im größten Skigebiet der USA, der Heimat von Ski-Ass und Instagram-Star Mikaela Shiffrin! Vail war bisher dreimal – 1989, 1999 und 2015 – Austragungsort der Ski-WM.

Mein erster Eindruck – wir kommen spät abends an – ist vor allem kulinarisch vielsprechend. In der Bully Ranch, dem „casual“ Restaurant im legendären Hotel Sonnenalp, in dem wir auch untergebracht sind, serviert man mir zum besten Burger meines Lebens keine Pommes, sondern die Spezialität des Hauses: Truffle Tots, getrüffelte Kartoffelkroketten. 

Skifahren in Nordamerika: Lässig, stressfrei, einzigartig

Die lässige, stressfreie Atmosphäre, die in den Skigebieten Nordamerikas herrscht, ist einer der Gründe, wieso ich alle paar Jahre eine Skireise dorthin antrete. Die Unverkrampftheit, mit der man in den USA und auch in Kanada Ski fährt, ist einzigartig. Außerdem: Service wird in Nordamerika groß geschrieben. So gibt es beispielsweise an jedem Lift eine täglich wechselnde, schriftliche Empfehlung für eine besonders lohnenswerte Abfahrt, eine helfende Hand, die einem grundsätzlich die Ski beim Einsteigen in die Gondel abnimmt und einen Taschentuchservice.

Vail Mountain: Bestens präparierte Pisten und klangvolle Namen

Wir sind spät dran in der Saison und erwischen Ende März zwar keine Traumbedingungen in Vail. Dennoch: Schnee liegt vor allem auf den Pisten genügend. Von Freeride-Träumen allerdings verabschieden wir uns vorerst. Vergnügliche Stunden im Schnee erleben wir trotzdem en masse. Der Vail Mountain ist ein idealer Tummelplatz für Skifreaks. Auf der Frontside, also der Vorderseite des Berges, ziehen sich unzählige, bestens präparierte Pisten unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade hinunter ins Tal.

Die wahre Attraktion im Gebiet eröffnet sich dem Skifahrerherz allerdings auf der Rückseite des zwölf Kilometer langen Höhenzugs in den Back Bowls, das sind wahre Tiefschneekessel. Das Entstehen dieses weitläufigen, baumlosen Freeride-Terrains mit etwa 40 ausgewiesenen Tiefschneehängen hat Vail einem Buschfeuer im späten 18. Jahrhundert zu verdanken.

Abgerundet wird das Gebiet durch die jüngste Erweiterung, dem Blue Sky Basin, dem entlegensten Außenposten des Skigebiets. Alle Abfahrten tragen vielversprechende Namen, denen sie auch inhaltlich gerecht werden: Auf dem Dragons Teeth etwa wird uns im windgepressten Bruchharsch einer wirklich steilen Abfahrt regelrecht der Zahn gezogen.

„Skifahren Vail“: Aufschwung aus Tirol, Grillen an der Piste

Ans Skifahren dachte in Vail bis Anfang der 1960er Jahre niemand. Dann kamen ein paar reiche Texaner, die ihr Geld im Öl-Business gemacht hatten. Sie investierten in den Skisport, gründeten das Skigebiet und bauten 1962 auch gleich den Ort Vail. Der Tiroler Pepi Gramshammer, Skirennläufer aus Kufstein, war einer der Ersten, der den Aufschwung mit einem Sportgeschäft und seinem Gasthof Gramshammer vorantrieb. Auch heute ist der Besuch an Pepis Bar ein Pflichttermin in Vail.

Exklusivität hat jedoch ihren Preis: Vail ist eher ein teures Pflaster. Attraktiv ist daher die Möglichkeit, Mitgebrachtes im Skigebiet zu verzehren, und zwar an den öffentlichen Grillstationen. Mancher Gast kommt mit einem prall gefüllten Rucksack ins Gebiet, um dicke Steaks auf den Rost zu hieven. Skifahren? Wird dann wohl zur Nebensache.

Wer es exquisit mag, diniert am Berg im Restaurant „10th“ und genießt edle Küche in feinem Ambiente. Damit das Speisen auch bequem ist, tauscht man hier die schweren Skischuhe gegen Pantoffeln, die man jedem Gast zur Verfügung stellt.

Skifahren mit Lehrer aus Salzburg und Pisten-Sheriffs

Darf ich vorstellen? Horst Essl. Skilehrer. Der Skiguide aus Österreich kennt in Vail und in den benachbarten Skigebieten Breckenridge, Beaver Creek und Keystone jeden Hügel. Ende der 60er Jahre kam Horst als Skilehrer für einen Winter in die USA und blieb hängen: Ein paar Saisons lang verbrachte er in Vermont, später am Lake Tahoe. Seit 1979 arbeitet Essl, der im Salzburger Land geboren wurde, in den Wintermonaten als Skilehrer in Vail, wo er sich mit seiner Frau, ebenfalls Skiguide, endgültig niedergelassen hat. In Spitzenjahren kam der heute 77-jährige Skifanatiker auf 170 Skitage pro Saison! Seine Kunden? Unter anderem Barbara Streisand und Johnny Cash.

Die entspannte Atmosphäre in den Skigebieten Colorados kommt nicht von ungefähr. Himmlisch: Es gibt kein Aprés-Ski am Berg, also auch kein störendes Musikgedröhne aus irgendwelchen Boxen. Wer feiern will, tut dies am Ende eines Skitages im Ort. Und: Keiner drängelt an den Liften! Außerdem kontrollieren Pisten-Sheriffs der sogenannten Slow Patrol das Einhalten entsprechender Geschwindigkeit auf Carving-Pisten. Rasern wird kurzerhand der Skipass entzogen. Zur Abschreckung dokumentiert eine Penalty-Tafel an der Talstation die Zahl der bereits konfiszierten Skipässe, die übrigens sehr, sehr teuer sind. Ein Tagespass in Vail etwa kostet sage und schreibe 157 Dollar. Individualreisen nach Vail sollte man sich daher gut überlegen. Viel schlauer ist es, vorab ein Paket mit Flug, Unterkunft und Skipass über einen Skireiseveranstalter in Deutschland zu buchen.

Breckenridge: Skifahren in ehemaliger Goldgräberstadt

Knapp 65 Kilometer von Vail entfernt liegt Breckenridge, ein ehemaliges Goldgräberstädtchen in einer Höhe von sagenhaften 2.900 Metern. Beim Power-Shopping im trendigen Örtchen mit seinen 3.400 Einwohnern, erst recht aber beim Skifahren auf den knapp 4.000 Meter hohen Bergen, kann einem da schon mal die Puste ausgehen. Fünf spektakuläre Gipfel – der Ort liegt ihnen regelrecht zu Füßen – tragen die simplen Namen Peak 6, 7, 8, 9 und Peak 10. Sie bilden ein bestens erschlossenes Skigebiet. Ähnlich wie in Vail, nur etwas weniger weitläufig, wimmelt es im Gebiet von anspruchsvollen Pisten und leicht zu erreichendem Freeride-Terrain. Breckenridge, kurz Breck, ist weniger mondän als Vail, dafür aber sehr lebendig, quirlig und jung.

Skifahren nach Gefühl

Am ersten Skitag in Breckenridge fahren wir nach Gefühl, denn sehen können wir im dichten Nebel nichts. Dass wir dabei den höchsten Punkt auf 3.914 Metern mit einem Sessellift, dem Imperial Express, erreichen, lesen wir in der Karte. Wie ärgerlich: Der spektakuläre Blick vom Peak 8 ins Tal und auf die umliegenden Berge bleibt uns verwehrt. Dafür juchzen wir, als endlich der langersehnte Schneefall einsetzt. Den weiteren Tag, Freerider würden ihn einen Downday nennen, verbringen wir im Park-Gelände für Anfänger, auf permanenten Rennstrecken mit Zeitmessung und im Ort selbst. Dort bleibt Zeit, ein Paar Cowboy-Stiefel zu erwerben und das bunte Treiben zu verfolgen, bevor es zum Abendessen in’s Blue River Bistro, dem angeblich besten Restaurant der Stadt, geht. Wobei: Auch im South Ridge Seafood Grill dinieren wir ein paar Tage später köstlich.

Grund zum Jubeln: Neuschnee und steiles Gelände

Ein paar Zentimeter Neuschnee und strahlender Sonnenschein bringen uns in Breckenridge endgültig zum Jubeln. Während wir in den frühen Morgenstunden ohne Unterlass über die bestens präparierten Pisten schweben, schlägt unser Guide für den Nachmittag lohnenswerte Varianten am Peak 6 vor. Der Kensho Superchair bringt uns auf knapp unterhalb des 3.832 Meter hohen Peak 6. Von dort steigen wir etwa 150 Höhenmeter auf, ehe wir am Gipfel stehen. Die Qual der Wahl: Sollen wir nun in die Beyond Bowl oder die benachbarte Serenity Bowl einfahren oder besser The Six Senses wählen?

Skifahren „off-piste“

Den Run des Tages erleben wir im Extreme Terrain The Six Senses auf der sogenannten E.S.P. Variante. Zwar liegt nicht allzu viel Tiefschnee in der Bowl, dennoch wird die Abfahrt ein echtes Highlight. Etwas verhalten die ersten Bögen, rauschen wir später ziemlich ambitioniert durch das steile Gelände. Und weil wir uns „off-piste“ gut anstellen, packt unser Guide noch weitere Abseits-Schmankerl aus. Irgendwann stoppen uns jedoch die untergehende Sonne und das Nachlassen unserer Oberschenkelmuskulatur.

Sieben Tage Skifahren in Vail und Breckendrige: Jederzeit wieder!

Strahlende Gesichter nach sieben Tagen in Vail und Breckenridge! Aus diesem Grund steht bei mir zu Hause ein dickes Sparschwein. Wann immer ich etwas entbehren kann, stopfe ich Scheine in seinen Bauch. Alle zwei, drei Jahre wird die Sau „geschlachtet“. Dann geht es auf eine große Skireise. So gerne ich individuell auf Tour bin, bei Sportreisen dieser Art lohnt es sich wirklich, nach Reiseveranstaltern zu suchen, die attraktive Pauschalen ab Deutschland schnüren.

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Lufthansa.

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