Wasserfronten mit prunkvollen Stadtpalästen, verträumte Kanäle, eine Brücke mit goldener Krone, dazwischen kreischende Möwen, so stellt man sich Stockholm vor. Doch die schwedische Hauptstadt kann mehr als Tradition und Postkartenidylle. Kleine Vintage-Läden, Concept Stores in Södermalm, Kunstszene und Trendviertel lassen sich in Stockholm hier und da finden.
Ist es eigentlich opportun, einen Städtetrip mit Shopping zu beginnen? Wo Stockholm mit so vielen historischen Sehenswürdigkeiten aufwartet? Wie der Altstadt Gamla Stan mit den Kaufmannshäusern und Adelspalästen und dem Königsschloss? Dem Vasa-Museum mit dem königlichen Kriegsschiff? Und Skansen, dem ältesten Freilichtmuseum der Welt? Natürlich gehört ein Bummel durch Gamla Stan dazu. Doch wer das Stockholm der Einheimischen kennenlernen möchte, wird sich rasch vom Stortorget und den kopfsteingepflasterten Gassen mit den vielen Souvenirgeschäften und Reisegruppen verabschieden. Und sich lieber auf das konzentrieren, was Stockholm viel mehr auszeichnet: Das einzigartige schwedische Lebensgefühl, das sich in der Liebe zu schönem Design, moderner Kunst und der Fika, der Kaffeepause zwischendurch, manifestiert.
Norrmalm: Mekka für schwedische Mode und Interior Design
Ein guter Ausgangspunkt für eine Shoppingtour in Stockholm ist die Biblioteksgatan. Das hat nichts mit Büchern zu tun, wie der Name vermuten lässt, sondern ist ein Mekka für schwedische Mode. Hier und in den Straßen rund um die Birger Jarlsgatan findet man coole Labels wie Tiger of Sweden, Jeans von Acne und Nudie Jeans oder puristische, zeitlose Mode von Filippa K. Und jede Menge Einrichtungsgeschäfte, in die es bei einem Bummel durch Norrmalm die Nase hineinzustecken lohnt. Namen, die man sich merken sollte, sind unter anderem Norrgavel, GAD, Syster Lycklig, Muuto, Studio Heijne, Nordiska Galleriet, Oscar & Clothilde und Florabaren. In Schweden kann man beides: funktionales, minimalistisches, zeitloses Design mit klaren Formen und blumig-pastellig, schnörkelig mit weiß, hellblau und rosa, so wie man sich das schwedische Sommerhaus der Großmutter vorstellt.
Für eine Stärkung nach der Shoppingtour steuert man Rolfs Kök an. Das Restaurant mit den an der Wand hängenden Stühlen ist eines der angesagtesten Mittagslokale in Norrmalm. Mit etwas Glück schafft man es, sich auch ohne Reservierung einen Platz am Fester zu sichern und eine Fiskgryta zu genießen, ein köstlicher Fischeintopf mit Krabben, Muscheln und Aioli.


Paradies für Kunstliebende: das Kreativviertel Vasastan
Weiter geht es Richtung Odenplan, vorbei an weitläufigen grünen Parks und gepflegten Stadthäusern aus dem 19. Jahrhundert. Ein sehr bürgerliches Viertel, würde man vermuten. Doch in Vasastaden, kurz Vasastan, schlägt das Herz der zeitgenössischen, schwedischen Kunst, allen voran in der Hudiksvallagatan, wo sich eine Galerie an die andere reiht.
Das Flair des Galeriekarrés nahe des Vanadisplan erinnert an die Kunstdistrikte in New York und Shanghai, die Räumlichkeiten in dem historischen Verwaltungsgebäude sind im Industrielook gehalten, die Kunst sehr avantgardistisch. Vor allem schwedische Künstler werden ausgestellt. Auch wenn man keine Kunst kaufen möchte: Gucken ist ausdrücklich erlaubt und die Betreiber und Betreiberinnen der Galerien erzählen gerne etwas über die aktuelle Ausstellung und die Kunstszene in Stockholm und Schweden. Folgende Namen sollte man auf die Liste packen: Galerie Berg, Cecilia Hillstrom Gallery, GSA Gallery und Andersson/Sandstrom. Gut zu wissen: Die meisten Galerien öffnen erst gegen Mittag und bleiben von Ende Juni bis August geschlossen.
Noch mehr Kunst in Vasastan findet man in Sven-Harrys Konstmuseum. Das markante Gebäude mit der glänzenden Messingfassade liegt direkt am Vasapark und stellt vor allem zeitgenössische schwedische Künstler aus. Das Museum beherbergt zudem eine Replik des ehemaligen Zuhauses des Museumsgründers, ein Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert. Von der Dachterrasse mit dem Skulpturengarten hat man einen großartigen Blick auf die Stadt, Ebenfalls lohnend ist die Bonniers Konsthall, die sich mit schwedischer und internationaler zeitgenössischer Kunst einen Namen gemacht hat.
Wer sich nach dem Kunstgenuss dem Genuss einer Fika hingeben möchte, hat in Vasastan die Qual der Wahl. Rund um Odenplan, St. Eriksplan und in der Rörstrandsgatan finden sich jede Menge Cafés, von gemütlich über stylisch bis retro. Ein Klassiker, den es bereits seit 1959 gibt und der noch heute im Stil der 50er-Jahre eingerichtet ist, ist das Ritorno. Hier kann man sich verschiedene Formen von Teigschnecken oder hübsche kleine Törtchen schmecken lassen. Der schwarze Kaffee wird kostenlos nachgefüllt.
„SoFo“: Stockholms cooles Hipsterviertel
Einige „Söder“ sind der Meinung, Södermalm habe seinen Zenit überschritten. Die wirklichen Bohemians und Intellektuellen, die aus dem ehemaligen Arbeiter- und Handwerkerviertel das gemacht haben, was es heute ist, sind längst weitergezogen, Richtung Süden, nach Söderort, oder Richtung Osten, nach Liljeholmen. Geblieben sind die trendigen Hipster südlich der Folkungagatan, in „SoFo“, das ist die Abkürzung für „South of Folkungagatan“. In SoFo finden sich Dutzende Cafés, Restaurants, Second-Hand- und Vintage-Shops sowie Boutiquen aufstrebender Designer, vor allem in der Kocksgatan, Asögatan, Bondegatan, Skanegatan und Södermannsgatan.
Retro, nachhaltig, lässig, cool - so lässt sich das „Söder-Feeling“ auf den Punkt bringen. In einer upgecycleten Lederjacke von Deadwood und einer Jeans aus nachhaltig angebautem Denim von Nudie Jeans mit einer Einkaufstasche aus dem Concept Store Grandpa im Urban Deli am Nytorget nachmittags einen Rosé trinken und an Käsespezialitäten knabbern, das ist SoFo. SoFo ist auch, mit Kaffee, Kanelbullar und einer Zimtschnecke, in einem der vielen Straßencafés zu sitzen, wie etwa im Gildas Rum, Söder Marley Café, Lykke oder Café Pom & Flora. Fika ist in, auch in SoFo.

Södermalm: alte Holzhäuser, schöne Ausblicke und ein Fotografiemuseum
Södermalm hat noch viele charmante Ecken abseits von SoFo. Spaziert man die Nytorsgatan Richtung Norden, hat man das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben. In der kopfsteingepflasterten Mäster Mikaels Gata zeigt sich Stockholm von einer fast dörflichen Seite. Während meisten Holzhäuser in der Stadt aus Angst vor Bränden abgerissen wurden, sind in dieser Gasse einige erhalten geblieben.
Von hier gelangt man zur Fjällgatan, einem der der schönsten Aussichtspunkte in Stockholm. Bei einem Kaffee auf der Terrasse der Fjällgatans Kaffestuga, die es übrigens seit 1968 gibt, lässt man den Blick über Skeppsbron, Gamla Stan, Skeppsholmen und Djurgaden schweifen. Weitere tolle Ausblicke eröffnen sich am Monteliusvägen, einem Spazierpfad, der sich in luftiger Höhe den Mariaberget entlang schlängelt.
Wer auf den Spuren von Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander, den Hauptfiguren von Stieg Larssons Bestseller-Trilogie Verblendung, Verdammnis, und Vergebung, wandeln möchte, ist in Södermalm ebenfalls richtig. Es gibt geführte Millenium-Touren, man findet die Orte der Bücher aber auch selbst. Einfach durch die Bellmansgatan und die Fiskargatan und zum Mosebacke Torg schlendern. Hier liegt die Mosebacketerrassen, ein gemütlicher Biergarten mit grandiosem Ausblick über Stockholm.


Dann gibt es noch das Södermalm rund um den Mariatorget und an der Hornsgatan. Am begrünten Mariartorget lohnt ein Blick ins Hotel Rival. Wer es bei einem Stockholm-Besuch nicht ins ABBA-Museum schafft, kann in der Bar des Hotels von Benny Andersson ein bisschen ABBA-Luft schnuppern. An der Hornsgatan oberhalb des Parks mit der St. Maria Magdalena Kirche finden sich einige Galerien sowie Geschäfte mit Keramik- und Glaskunst wie Blas & Knada und Porslings Papegojan. Für die Fika bietet sich das Café Tartan an.
Oder man nimmt diese im Fotografiska ein. Das in einem ehemaligen Zollhaus untergebrachte Museum für zeitgenössische Fotografie hat nämlich ein Café mit riesigen Panoramafenstern, wo man seine Fika mit Blick aufs Wasser genießen kann. Aber nicht nur die Aussicht ist phänomenal, auch das Nachhaltigkeitskonzept ist großartig umgesetzt und platziert das Restaurant auf die Bestenliste der Stockholmer Lokale.
Noch mehr In-Viertel in Stockholm: Hornstull und Midsommarkransen
Wenn es einst eine Ecke in Södermalm gab, die als zwielichtig verschrien war, war das Hornstull. Heute findet man rund um das Einkaufszentrum Hornstull Centrum eine Vielzahl Cafés, Kneipen und Restaurants. Die Köttbullar oder das Toast Skagen mit einem Glas Öl, das ist schwedisch für Bier, herunterspülen kann man in der Stage Bar & Kök. Fika ohne Reue genießt man im Fern & Fika, hier wird ausschließlich mit veganen und Bio-Zutaten gebacken.
Als neuer Geheimtipp unter der Stockholmer Bevölkerung gilt Midsommarkransen, das Anfang des 19. Jahrhunderts als Wohnsiedlung für Belegschaft einer Ziegelei entstand. Rund um die Tunnelbana-Stationen Midsommarkransen und Telefonplan finden sich heute Cafés, Restaurants und auch einige Vintage- und Designgeschäfte. Die meisten Lokalitäten liegen jedoch sehr verstreut, einige haben nur am Abend oder am Wochenende geöffnet, sodass man entweder sehr genau wissen sollte, wo man hinmöchte, oder viel Zeit mitbringen sollte.
Stilvoll wohnen: Hippe Hotels in Stockholm
Sehr zentral liegt das Boutique-Hotel Hotel Scandic No 53 (Früher: HTL Kungsgatan) in Norrmalm zwischen Hauptbahnhof und Stureplan, vom dem man die Sehenswürdigkeiten Stockholms, die Altstadt Gamla Stan sowie die Viertel Östermalm und Vasastan fußläufig erreichen kann. Die Loungebar im Atrium ist so angesagt, dass auch die Einheimischen gerne auf einen Drink am Abend herkommen. Das Frühstück ist nicht nur köstlich, sondern auch nachhaltig mit lokal produzierten Produkten.
Das Design-Hotel NOFO Hotel ist in einer ehemaligen Brauerei in Södermalm untergebracht. Das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert liegt in einer ruhigen Parallelstraße der Folkungagatan zwischen Slussen und dem Medborgaplatsen. Die Zimmer sind recht klein, dafür liebevoll und individuell eingerichtet. Man kann wählen zwischen Scandinavian Design, Industrial Vintage, Uptown Classic und La Belle Époque. Jede Etage hat ein großes Wohnzimmer und Balkone, wo man nach einem Sightseeing-Tag entspannen kann. Oder man setzt sich mit einem Glas Wein in den Innenhof oder in die Bar, die ebenso stylish und gemütlich ist wie das ganze Hotel. Dort nimmt man auch das üppige Frühstück ein mit einer großen Auswahl an Smoothies, Porridge, Obst, Granola, Pancakes, Hummus, Heringen, Karottenkuchen Croissants, Rührei und vielem mehr.
Alles rund um das Thema Essen in Stockholm ist hier zu finden.
Ein zweiter Teil ihrer Reise nach Stockholm führte Alexandra in den Schärengarten, die Inselwelt vor den Toren Stockholm.
Praktische Tipps für eine Reise nach Stockholm
Anreise: Am schnellsten ist Stockholm von Deutschland aus ganz klar mit einem Direktflug zum Flughafen Arlanda und anschließender Weiterfahrt in die Stockholmer Innenstadt mit dem Arlanda Express (Dauer ca. 20 Minuten) zu erreichen. Zum Beispiel von München aus bietet Norwegian Nonstop-Verbindungen mit rund 2 Stunden Flugzeit an.
Beste Reisezeit: Stockholm ist grundsätzlich das ganze Jahr hindurch eine Reise wert, am schönsten ist es aber in den Sommermonaten. Im Juli und August ist es meist um die 20 °C warm, dazu ist es bis zu 18 Stunden lang hell am Tag.
Transport vor Ort: In Stockholm kommt man am besten mit der T-Banen, der Stockholmer U-Bahn, von A nach B. Auch die Straßenbahn ist sehr praktisch. Die Straßenbahnlinie 7, die von Sergels Torg bis Waldemarsudde auf Djurgarden verkehrt, fährt an zahlreichen Sehenswürdigkeiten vorbei. Ausführliche Informationen zu den öffentlichen Nahverkehrsmitteln, Tickets und Preisen findet man bei Visit Stockholm.
Reisedauer: Bei einem Aufenthalt von 48 Stunden, z.B. über ein Wochenende, kann man auf jeden Fall die wichtigsten Orte und Highlights abklappern. Wer etwas tiefer in die Stockholmer Viertel eintauchen und sich entspannt Zeit für einen Ausflug in den Schärengarten, die Inselwelt vor den Toren Stockholms, nehmen möchte, der sollte etwa vier bis sechs Tage einplanen.