Neujahrsbräuche – Traditionen in aller Welt

Nähern wir uns dem Jahresende, scheint sich die Welt in zwei Lager zu teilen: Da sind die Feierwütigen, die seit Monaten nervös der hippsten Partylocation für den Jahreswechsel hinterher hecheln und die Silvestermuffel, die für den Hype nur ein müdes Lächeln übrig haben und das Tamtam am liebsten verschlafen würden. Kompromisslösung? Fehlanzeige! Egal, zu welcher Fraktion Du gehörst: Wir haben auf der ganzen Welt nach den kuriosesten Bräuchen zum Jahreswechsel gesucht. Und wer keine Lust auf den Rummel hat, erfährt, wohin er sich am besten zurückzieht. Denn nicht jedes Land und nicht jede Religion begrüßt das neue Jahr am 1. Januar.

Silvester am 7. Oktober? Klingt komisch, ist aber so.

28. Januar, 20. März, 21. September und 7. Oktober. Was haben diese Tage wohl gemeinsam? Sie markieren im Jahr 2017 den Jahreswechsel verschiedener Kulturen. Möglich wird das durch die verschiedenen Kalendersysteme, die sich über die Jahrhunderte entwickelt haben. So orientiert sich das Neujahrsfest im Islam (21. September) und im Judentum (7. Oktober) an den Mondjahren, im Iran an den Sonnenjahren, mit einem Neujahrsfest zur Tag- und Nachtgleiche im Frühling (20. März). Das Chinesische Neujahr fällt auf den 28. Januar und läutet das Jahr des Feuer-Hahns ein. Umgerechnet auf den Gregorianischen Kalender, der unserem Jahreslauf zugrunde liegt, ergeben sie diese wunderlichen Neujahrstermine. Alles klar?

Samoa – vom Silvester-Schlusslicht zur Nummer Eins

Während wir in Mitteleuropa noch den Sekt kühl stellen und Silvester-Häppchen schmieren, startet die südpazifische Insel Samoa bereits ins neue Jahr – ganze 13 Stunden vor Deutschland. Bizarrerweise ist das erst seit sechs Jahren so, denn damals hat das unabhängige Samoa die internationale Datumsgrenze nach Osten verschoben und sich damit um 24 Stunden in die Zukunft katapultiert. Was Marty McFly aus dem Kultfilm „Zurück in die Zukunft“ kann, kann Samoa schon lange.

Drei Stunden später knallen in Australien die Korken – und nicht nur die! Mehr als vier Millionen Euro lässt sich Sydney jedes Jahr sein Mega-Feuerwerk kosten, das die Harbour Bridge für 20 Minuten in einen Wasserfall aus Lichtern verzaubert. Um die besten Plätze auf das Spektakel zu ergattern, campieren manche Besucher schon Tage zuvor rund um den Hafen.

Langer Atem in Japan

Den längsten Atem in Sachen Silvester besitzen eindeutig die Japaner. Sie starten um Mitternacht mit 108 Glockenschlägen ins neue Jahr und beenden ihre Feierlichkeit erst am 7. Januar. In den Tagen vor Silvester werden Monchi, Klöse aus gestampftem Klebereis, gebacken. Diese sollen dem Verzehrenden Glück und ein langes Leben bescheren. Häufig passiert aber genau das Gegenteil und etlichen Japanern bleiben die zähen und trockenen Reisbällchen buchstäblich im Halse stecken. Deshalb erinnert die Feuerwehr jedes Jahr auf Neue an die erforderliche Notfallmaßnahme: fünf Schläge zwischen die Schulterblätter.

Russland – Weihnachten und Neujahr zugleich

Am 31. Dezember verabschiedet Russland nicht nur das alte Jahr, sondern begrüßt auch Väterchen Frost und seine Enkelin Snegurotschka. Die Kinder bekommen Geschenke und die Erwachsenen freuen sich über die folgenden zehn arbeitsfreien Tage. Natürlich erleuchten auch in Russland zahlreiche Feuerwerke den Silvesterhimmel, das größte davon auf dem Roten Platz in Moskau. Borschtsch, der Getreidebrei Kutya sowie Speisen mit Honig und Mohn wärmen bei den dort vorherrschenden Minusgraden den Magen und symbolisieren Hoffnung, Glück, Freude und Erfolg.

Neujahrsbräuche: Biss auf die Münze in Griechenland

Eine Stunde vor Deutschland rutschen die Griechen ins neue Jahr – und riskieren für Glück und Wohlstand sogar einen ausgebissenen Zahn. In das schmackhafte Basiliusbrot mit Anis, Vanille, Mandeln und Orangen wird eine Münze eingebacken. Wer sie findet, darf sich im kommenden Jahr auf ganz besonders viel Glück freuen. Es scheint fast, als hätte die Vereinigung griechischer Zahnärzte ihre Finger im Spiel …

Ähnlich schmerzhaft geht’s in Bulgarien zu: Schläge mit dem geschmückten Ast des Kornelkirschbaums sollen Gesundheit und Reichtum bringen. Es ist übrigens Aufgabe der Kinder, in der Silvesternacht und am Neujahrstag mit der „Surwatschka“ von Haus zu Haus ziehen. Dabei wünschen sie ein fruchtbares und reiches neues Jahr und werden mit Bonbons, Kuchen oder Kleingeld belohnt.

Italienische Neujahrsbräuche: Rot bringt Glück

Egal welches Outfit Italiener für die Silvestersause wählen – darunter versteckt sich ausschließlich rote Unterwäsche. Sie soll für Glück im neuen Jahr sorgen und füllt ganz nebenbei die Kassen der Dessous-Läden, die voll und ganz auf das rote Jahresendgeschäft setzen.

Auf farbige Unterwäsche vertrauen übrigens auch die Chilenen: Rot soll Glück und Leidenschaft für das neue Jahr bringen. Gelbe Unterwäsche trägt, wer auf mehr Geld im kommenden Jahr hofft und wer der Suche nach dem Traumpartner auf die Sprünge helfen möchte, entscheidet sich für rosafarbene Dessous.

Während sich Italien und Chile auf den Augenschmaus konzentrieren, widmet sich Spanien den Gaumenfreuden. Wem es gelingt, zu jedem der zwölf Glockenschläge um Mitternacht eine Weintraube zu essen, darf sich über Glück im neuen Jahr freuen. Dabei sind die Spanier ebenso geschäftstüchtig wie die Italiener: Rund um Silvester gibt es Weintrauben-Packungen mit nur 12 Stück Inhalt zu kaufen – kernfrei natürlich, um das ohnehin schon schwierige Vorhaben nicht zusätzlich zu erschweren. Sind die Weintrauben vernichtet, werden die Sektgläser erhoben. Aber nicht, ohne vorher einen goldenen Ring ins Glas geworfen zu haben. Die Spanier lassen nichts unversucht, das Glück positiv zu stimmen.

Papierregen in Südamerika und Karneval in der Karibik

30 Grad Celsius und Schnee im ganzen Land? Das gibt es rund um die argentinische Hauptstadt Buenos Aires. Um sich von den Lasten des alten Jahres zu befreien, werden alte Unterlagen und Papiere geschreddert, um sie aus den Fenstern der Hochhäuser zu kippen. Mit etwas Fantasie und einigen Gläsern argentinischem Rotwein intus, entsteht der Eindruck dicker Schneeflocken bei hochsommerlichen Temperaturen.

Die Bewohner der Karibikinsel Curaçao räuchern ihre Häuser am Silvesterabend aus, um die Fuku – böse Geister – abzuschrecken. Auf  den Turks und Caicos Inseln empfangen die Bewohner das neue Jahr mit Karnevals-Paraden: Von Mitternacht bis zum Sonnenaufgang wird in bunten Kostümen und mit wilden Masken verkleidet gefeiert. Große Partys mit Barbecue, Hummersuppe und Austern bestimmen den Silvesterabend auf Guadeloupe. Typischerweise werden den Gästen als Nachtisch Mandarinen serviert – sie sollen Glück und Zufriedenheit bringen. Am Neujahrstag geht es dann gemeinsam zu den heißen Thermalquellen in den tropischen Wäldern von Basse-Terre, um sich den Schmutz des vergangenen Jahres vom Körper und die Sorgen von der Seele zu waschen.

Neujahrsbräuche: Regen der guten Vorsätze am Times Square

Während wir unseren Kater am Neujahrsmorgen mit Rollmops und Kaffee bekämpfen, schlittern die USA als eine der weltweit letzten Regionen peu à peu ins neue Jahr. Die wohl bekannteste Party findet am New Yorker Times Square statt: Ab 23:59 Uhr wird eine glitzernde Lichterkugel, der New Year’s Eve Ball, von einem Fahnenmast heruntergelassen. Um Punkt Mitternacht erreicht er sein Ziel und es heißt: „Happy New Year!“. Konfetti wirbeln durch die Luft und verwandeln den Platz in ein Farbenmeer.

Doch was wäre Silvester ohne gute Vorsätze? Auch dafür haben sich die Initiatoren etwas Spektakuläres einfallen lassen: An der Wishing Wall am Times Square Museum konnten Besucher ihre Wünsche, guten Vorsätze und Hoffnungen auf einem Stück Papier hinterlassen. Am Jahresende wurden diese eingesammelt und zusammen mit dem Konfetti auf die Menschen am Times Square geworfen. Mittlerweile wurde das Museum geschlossen und die Wishing Wall virtualisiert. Den Regen der guten Absichten gibt es aber immer noch: Sie werden einfach ausgedruckt und schweben um Mitternacht über den Times Square.

Neujahrsbräuche auf See: Da tuten Nebelhörner.

Natürlich wird das neue Jahr nicht nur auf dem Festland, sondern auch auf hoher See begrüßt. Weil Feuerwerk mit den im Notfall abgefeuerten Leuchtraketen verwechselt werden könnte, sind Böller auf Schiffen verboten. Stattdessen wird das neue Jahr mit dem Tuten der Nebelhörner eingeläutet.

Prosit Neujahr – auf der ISS gleich 15 Mal

Die Internationale Raumstation ISS überquert in der Silvesternacht übrigens 15 Mal die Datumsgrenze. Prosit Neujahr heißt es für die Besatzung allerdings nur drei Mal: Wenn es am Sitz des Kontrollzentrums in Moskau, im Hauptquartier der US-Weltraumbehörde NASA in Houston und nach Greenwich-Zeit Mitternacht ist. Auf Krimsekt und Champagner muss die Crew allerdings verzichten, denn Alkohol ist an Bord verboten.

Neujahrsbräuche: der erste Vollmond

Nach all den spektakulären Silvesterbräuchen kommen wir zurück zu den Ländern, die ihr Neujahrfest erst im Laufe unseres Kalenderjahres feiern:

In China, Korea und Vietnam beginnt das neue Jahr Ende Januar oder im Februar. Der Neujahrstag wird immer am ersten Vollmond nach dem 21. Januar gefeiert – begleitet von der größten Reisewelle des Jahres. Behörden rechnen allein in China mit knapp drei Milliarden Auto-, Bahn- und Flugzeugreisen. Während der anschließenden Feierlichkeiten finden prächtige Umzüge und Paraden statt und Kinder sowie Unverheiratete erhalten kleine Geldgeschenke. In einigen Regionen werfen junge, ledige Frauen Mandarinen ins Meer, um im neuen Jahr einen guten Ehemann zu finden.

Neujahrsbräuche: das persische Neujahr

In Iran und Afghanistan wird am Tag des Frühlingsbeginns am 20. März das Neujahrsfest Nouruz gefeiert. Die Familien treffen und beschenken sich, ähnlich unserem Weihnachten in Deutschland. Allerdings ziehen sich die Feierlichkeiten über 13 Tage, traditionell mit einem Picknick im Freien am letzten Tag, welches das schlechte Omen von der Zahl 13 nehmen soll. In Afghanistan beschränkt sich Nouruz auf drei Feiertage mit Tanz, Musik und Drachensteigen.

Buddhistisches Neujahrsfest: Wasserschlachten auf der Straße

Mindestens 140 Millionen Buddhisten in Thailand, Myanmar, Kambodscha und Laos feiern Mitte April Neujahr. Nach dem Tempelbesuch mit Opfergaben besprühen sich die Gläubigen gegenseitig mit Wasser, um das Böse abzuwaschen. Besonders nass geht es in Bangkok und Rangun zu: Dort arten die Feste regelmäßig zu ausgelassenen Wasserschlachten auf den Straßen aus.

 

Wir von der Travellers Insight Redaktion wünschen Euch ein gutes neues Jahr.

Wo auch immer, wie auch immer und wann auch immer Ihr feiert.

Bildnachweise in der Reihenfolge des Erscheinens:

  • Beitragsbild: pexels via Pixabay
  • Die astronomische Uhr am Prager Rathaus vereint die verschiedenen Kalendersysteme. Bild: ©Lorena a.k.a. Loretahur Reloj Astronómico de Praga“ via Flickr, licensed under CC BY-SA 2.0
  • Die Harbour Bridge in Sydney – zu Silvester ein beeindruckendes Lichtermeer. Bild: MartinaFotos via Pixabay
  • Sind nicht so harmlos wie sie aussehen: Die japanischen Klebereisbällchen Monchi. Bild: thea-gu via Pixabay
  • Eines der größten Feuerwerke Russlands steigt am Roten Platz in Moskau. Bild: falco via Pixabay
  • Glücksbringer Nr. 1 in Italien: Rote Unterwäsche. Bild: bottlein via Pixabay
  • Zwölf Weintrauben zu Mitternacht verheißen in Spanien Glück fürs neue Jahr. Bild: ©Chris Oakley12 grapes before midnight“ via Flickr, licensed under CC BY 2.0
  • Alte Unterlagen schneien an Silvester auf die Straßen von Buenos Aires nieder. Bild: ©Jason SussbergPaper Party“ via Flickr, licensed under CC BY 2.0
  • Hoffnungen und Träume, die um Mitternacht in die Luft gehen. Bild: ©Saaleha BamjeeTimes Square Visitor Centre” via Flickr, licensed unter CC BY-SA 2.0
  • Millionen Konfetti und tausende Wünsche regnen um Mitternacht auf den Times Square. Bild: ©Kohei KannoIMG_1088.jpg“ via Flickr, licensed under CC BY 2.0
  • Die anschließenden Aufräumarbeiten sind mit Sicherheit nur wenig berauschend. Bild: ©Anthony QuintanoNew Year’s Eve Aftermath 2015 New York City“ via Flickr, licensed under CC BY 2.0
  • Das Zünden von Böllern ist auf See verboten. Dafür entschädigt der Blick auf das Spektakel an Land. Bild: Ariane1001 via Pixabay
  • Ob sich von der ISS aus Feuerwerke erkennen lassen? Bild: unsplash via Pixabay
  • Neujahrsdekoration auf der Diamond Plaza in Saigon, Vietnam. Bild: nguyentuanhung via Pixabay
  • Kinder stecken den Drachen bei der Chinesischen Neujahrsparade Geldscheine zu. Bild: LisaRedfern via Pixabay

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