Irlands Südwesten: The Wild Atlantic Way

Atemberaubende Panoramen, karibisch anmutende Sandstrände und schroffe Felsen - das ist der herbe Südwesten Irlands, zu dem dann und wann auch ein paar Regenschauer gehören. Reisebloggerin Maria Kapeller hat sich auf den Weg durch Irlands Südwesten gemacht und viele tolle Eindrücke gesammelt, über die sie hier berichtet.

Am besten lässt sich Irlands Südwesten ausgehend von Cork entlang der Küstenstraße Wild Atlantic Way in einem Mietwagen erkunden. „Du bist doch nicht aus Zucker!“ Dieser im deutschen Sprachraum gern verwendete Satz könnte in Irland erfunden worden sein. Ist er aber nicht. Die Iren kennen gar keine Redensart, die so viel heißt wie „Ein paar Regentropfen werden Dir schon nichts anhaben.“ Und das, obwohl es in Irland ziemlich viel regnet. Darauf solltest Du Dich gedanklich einstellen. Deshalb ist die Insel ja auch so schön saftig grün. Was bedeutet: Ausreichend Futter für die vielen Schafe und Kühe. Und in der Folge stets frische Milch, cremige Butter und massenweise köstlichen Cheddar-Käse.

Stillt Deine Sehnsucht: die längste Küstenroute der Welt

Irland weckt in vielen Menschen eine innige Sehnsucht: nach Weite, nach Ursprünglichkeit, nach Naturgewalten und rauer Schönheit, nach Zusammenhalt, Gemütlichkeit und Freundlichkeit. All das bietet ein Roadtrip entlang des Wild Atlantic Way. Er zieht sich über mehr als 2.500 Kilometer entlang der irischen Westküste und ist damit die längste definierte Küstenroute der Welt. Am besten wählst Du Cork, die zweitgrößte Stadt Irlands, als Ausgangspunkt für Deinen Roadtrip durch den südwestlichen Zipfel der Insel.

Das bringt mich zurück zum Regen. Ich will aber nicht über ihn schimpfen. Ich will ihn verteidigen gegen alle, die sich aufregen, sobald es nur zu tröpfeln beginnt. Denn der Regen in Irland sorgt nicht nur für die charakteristischen grünen Landschaften, er macht das Land zum Inbegriff der Gemütlichkeit. Die Pubs – jedes ein Universum für sich. Die Cafés – eines charmanter als das andere. Die Leute – stets ein freundliches Wort auf den Lippen. Das Wetter ist in Irland Gesprächsthema Nummer eins. „What a rainy day!“, so begrüßen sich die Einheimischen an schlechteren Tagen. Und „How lovely!“ nicken sie sich bei Sonnenschein zu.

Wo sich der Atlantik von seiner rauen Seite zeigt

Dass der Atlantik sich gerne von seiner rauen Seite zeigt, wirst Du zum Beispiel auf Sheep’s Head merken, eine von den meisten Touristen kaum beachtete Halbinsel südwestlich von Cork, die Du von Cork über den Ort Bantry in gut zwei Stunden erreichst. Steile Felswände, herbe Landschaften, grandiose Ausblicke – das kannst Du hier normalerweise erwarten.

Aber an manchen Tagen macht das Wetter dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung. Das ganze Land scheint im Nebel zu ertrinken. Dabei klopft der Regen ganz sanft an die Fensterscheibe Deines Autos, wenig später schüttet es plötzlich wie aus Eimern. Nachdem Du aber nicht „aus Zucker“ bist, wanderst Du am besten trotzdem ein Stück auf einem der zahlreichen, gut markierten Wege entlang. Die Pflanzen scheinen sich an das raue Klima angepasst zu haben. Die gelben und violetten Blumen sind niedrig und haben dicke, robuste Blätter. Hier draußen am Atlantik peitscht der Wind ungebremst auf sie ein.

Aufwärmen in einem ganz besonderen Café

Der perfekte Ort, um Dich auf Deinem Weg zur Spitze der Halbinsel aufzuwärmen, ist das Heron Gallery Café & Gardens in der Nähe des Örtchens Ahakista. Es ist Kunstgalerie und Kaffeestube in einem. Die Künstlerin Annabel Langrish stellt in ihrem gemütlichen Refugium Keramiken, Polster, Fotos und Kleinkram aus. Eine Tasse Schwarztee mit Milch, ein selbst gebackener Scone mit Clotted Cream und Marmelade, und schon wird Dir wieder warm ums Herz werden.

Irgendwann erreichst Du dann das Ende von Sheep’s Head, den westlichsten Zipfel der Halbinsel. Der Nebel ist hier noch undurchdringlicher. Dass rund um Dich der Atlantik tobt, ist lediglich am Rauschen des Ozeans zu hören.

Einsam und verlassen wartet auch hier ein Café auf alle Mutigen, die sich heute so weit hinaus getraut haben. „Ich bin jeden Tag hier, sieben Tage die Woche“, wird Dir die freundliche Bedienung erzählen. Und entschuldigend hinzufügen: „Bis vor ein paar Tagen hatten wir noch herrliches Wetter.“

Viel Sonnenschein und das südlichste Pint Irlands

Herrliches Wetter. Auch das gibt es in Irland. Und zwar von einem Tag auf den anderen. Wenn Du mit dem Regen nicht haderst, wirst Du schon kurz darauf mit einer Extraportion Sonne verwöhnt werden. Vielleicht. Bei Sonnenschein bietet sich die Strecke von Skibbereen nach Crookhaven an. Dort erinnert eine idyllische Sandbucht mit türkisblauem Wasser eher an karibische Gewässer als an den Atlantik.

Im Pub O‘ Sullivans, direkt am kleinen Hafen, kannst Du übrigens das südlichste Pint Irlands trinken, ein bis zum Rand gefülltes Halbliterglas Bier, bevor es über den atemberaubenden Sandstrand Barleycove zum südwestlichsten Punkt Irlands geht.

Aussichtsreich: Mizen Head & Three Castle Head

Der ehemalige Leuchtturm und die Aussichtsplattformen am Mizen Head sind wahre Besuchermagnete. Kein Wunder: Die Ausblicke sind spektakulär. Saftige Wiesen, schroffe Felsen – und der Atlantik reicht bis zum Horizont.

Tipp: Erkunde unbedingt auch den etwas weniger besuchten Three Castle Head. Dabei handelt es sich um die drei Türme von Dunlough Castle, einer im Jahr 1207 erbauten Burg. Um in den Genuss dieses Geheimtipps zu kommen, musst Du rund eine halbe Stunde zu Fuß marschieren. Alleine das hält den Besucherandrang im Vergleich zu Mizen Head in Grenzen.

Der Weg führt über eine steile Schafweide und einen felsigen Hügel hinauf – und plötzlich wird Dir der Atem stocken. Die Ruine, der See, der Blick aufs Meer – ist das etwa eine Filmkulisse? Nein, ist es nicht. Auch das ist Irland. Auf dem Rückweg liegt ein Café in bester Lage, mit Blick über die Bucht und natürlich mit Tee und Scones.

Die meisten Dörfer und Städtchen im Süden Irlands haben bunt gestrichene Häuser und selbst die kleinsten eine Post und eine Apotheke. So wie die Ortschaft Schull und der Fischerort Baltimore, in denen ein Stopp lohnt. Gefühlt jedes zweite Gebäude ist ein Pub oder eine Teestube. Außerdem gibt es Kunstgalerien, Second-Hand-Shops und Handwerksläden, in denen Du Schafswollsocken und Keramikschüsseln kaufen kannst.

Clonakilty: eine typisch irische Ortschaft

Mein Lieblingsort im Süden Irlands ist Clonakilty. Vielleicht liegt es am Hotel der Familie O‘ Donovan, das seit sechs Generationen in Familienbesitz ist und im Erdgeschoss ein Pub beherbergt. Knarrende Holztreppen, historische Porträts von Familienmitgliedern, ein Aufenthaltsraum, der aussieht wie ein typisch irisches Wohnzimmer. „Das ist Ihr Schlüssel, morgen gibt es ab sieben Uhr Frühstück und wenn Sie sich betrinken wollen, dann gehen Sie ins Pub nebenan“ – Begrüßung auf Irisch.

Irische Pub-Kultur live erleben

Wenn Dir Bier schmeckt, solltest Du in Irland auf jeden Fall ein paar Pints trinken. Das gehört hier einfach dazu: Ins Pub gehen, auch wenn Du alleine unterwegs sein solltest, hinsetzen und zuhören. Denn irgendwo gibt es immer Live-Musik. Oder, noch besser: eine traditionelle Jam-Session, bei der ein paar Musiker aus der Region zusammenkommen, ihre Instrumente auspacken – zum Beispiel eine irischen Fiddle, die aussieht wie eine Geige, oder einen Dudelsack, Uilleann Pipes genannt – und drauf los spielen.

Es kann sein, dass plötzlich ein 17-jähriges Mädchen aufsteht und so hell und klar singt, dass Du Gänsehaut kriegst. Oder eine Rentnerin im Wollpullover erhebt sich, deren Stimme etwas wunderbar Wehmütiges hat. Oder jemand stimmt mit der Gitarre einen Song an und alle singen einfach mit. Erst nur die Musiker, dann das gesamte Pub. Und spätestens während Du einen dieser magischen Abende genießt, wirst Du beginnen, einfach alles an Irland zu lieben. Auch den Regen.

Ein zweiter Teil der Reise nach Irland führte Maria von Cork nach Dublin.

Mehr findest Du auch auf ihrem Blog kofferpacken.at.

Die Reise wurde mit freundlicher Unterstützung von Aer Lingus, Tourism Ireland und dem Cork Airport Hotel ermöglicht.

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