Abenteuer Kaukasus: Ein Roadtrip durch Armenien

Abenteuer Kaukasus: Ein Roadtrip durch Armenien

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Armenien, das kleine Land im Kaukasus, besticht durch seine Idylle und menschenleere Wanderwege. Bei Sarah hat das Land den Entdeckergeist geweckt und die Lust abseits der ausgetretenen Pfade zu reisen: Lass dich mitnehmen auf einen Roadtrip durch ein altes Land mit einem reichen, kulturellen Erbe, einem neuen Panorama hinter jeder Kurve – und dem Gefühl von Freiheit in der Luft.

Es gibt Orte, die von den Massen an Besuchern nur so ächzen und stöhnen. Es scheint nur eine Frage der Zeit bis sie aus allen Nähten platzen. Dann wären da wieder Länder, bei denen der Tourismus noch in den Kinderschuhen steckt. Wo man auf kilometerlangen Wanderwegen keiner Menschenseele begegnet und am Abend im Lokal unter Einheimischen sitzt. Armenien, das kleine Land im Kaukasus, ist einer dieser Orte. Als Westeuropäer wirkt man regelrecht exotisch und wird mit einer offenen Neugier begrüßt.

Man sieht eine grüne Landschaft von einem Berg aus. Mit Feldern und Häusern darauf.

Ländliche Idylle in Nordarmenien.

Armenien Panorama

Der Blick über's Land ist wirklich beeindruckend.

Die Dame hinter dem Schalter der Autoversicherung tut sich merklich schwer mit dem lateinischen Alphabet. Munter puzzelt sie mit den Angaben auf dem Personalausweis. Als sie fertig ist, reicht sie uns die Papiere. In dem Feld wo eigentlich der Nachname vorgesehen ist, steht nun der Geburtsort. Der Nachname gibt sich wiederum als der Ort der Geburt aus. „Hm, ist ja schon ein offizielles Dokument“, überlegen wir und schauen wieder zu der Frau am Schalter, die uns zufrieden anstrahlt. Naja, es wird schon gut gehen. „Bari Galust Hayastan!“ – willkommen in Armenien.

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Die „Kleine Schweiz“ Armeniens

Es soll aufregend weiter gehen zu Beginn unserer Reise durch Armenien. Denn keine 24 Stunden später sitzen meine Roadtrip-Gefährten und ich inmitten des Dilidschan Nationalparks, während um uns herum Weltuntergangsstimmung herrscht. Von einem Gewitter samt kräftigen Regenschauern überrascht, müssen wir unsere Wanderung unterbrechen. Bei Blitz und Donner im Wald - nicht gerade mein Lieblingsszenario während einer Wanderung. Vom Mietwagen sind wir jedoch mittlerweile zu weit entfernt, also haben wir Unterschlupf unter einem überdachten Picknickplatz gefunden. Kekse mampfend sitzen wir auf Bänken, lauschen dem Donner und hoffen, das Unwetter möge schnell weiterziehen.

Wir haben Glück und können schon bald unsere Wanderung fortsetzen. Durch urwüchsige Natur streifend, erreichen wir das Matosavank Kloster. Eines von vielen Kulturschätzen, die wir während unseres Roadtrips entdecken. Das Kloster aus dem 13. Jahrhundert ist heute verlassen. Die großen Steine sind mit dichtem Moos bewachsen. Durch die kreisrunde Decke scheint die Nachmittagssonne und verleiht der Szenerie eine mystische Stimmung.

Das Matosavank Kloster von innen.

Das Matosavank Kloster von innen.

Das Matosavank Kloster ist eines der Highlights des Dilidschan Nationalparks, der sich auf einer Fläche von 28.000 Hektar im Norden des Landes erstreckt. Mitten im Nationalpark, umrahmt von hohen Bergen, liegt die gleichnamige Stadt Dilidschan, die „kleine Schweiz“ Armeniens. Bereits im Mittelalter gönnten sich Könige hier eine Auszeit. Später, zu Sowjetzeiten, avancierte die Stadt und die angrenzende Natur zum beliebten Kurort.

Ein Kreis in der Decke durch den man den Himmel sieht.

Wahre Schätze finden wir im Dilidschan Nationalpark.

Ein Haus von vorne mit einem Holzbalkon davor.

Alltagsszene in Dilidschan, der „armenischen Schweiz“.

Zurück zu unserer Wanderung, wo uns schon bald die nächste Überraschung erwartet. Als erstes Land erhob Armenien im Jahr 301 das Christentum als Staatsreligion: Unser Roadtrip soll noch von so manchem Gotteshaus geprägt sein. So öffnet sich auf unserem märchenhaften Waldpfad das dichte Blätterdach und gibt den Blick frei auf eine Lichtung. Die zwei Kirchen des Klosters Juchtak aus dem 11. Jahrhundert liegen hier, umgeben von saftigem Grün. Wie das Matosavank Kloster ist die Anlage eine Ruine und wir können beinahe beobachten wie sich die Natur den Ort langsam aber sicher zurückerobert.

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Im Land der Wildblumen: Der Sewansee

Der nächste Grund zum Staunen liegt nur einen Katzensprung von Dilidschan entfernt. Der Sewansee ist der größte Süßwassersee des Kaukasus und einer der größten Hochgebirgsseen der Erde. In knapp 2.000 Meter Höhe liegt er über dem Meeresspiegel. Tiefblau mit einem einmaligen Bergpanorama lädt die Region um den See zu Erkundungstouren zu Fuß ein. In den Sommermonaten laden Strandabschnitte zum Baden ein. Das ist jedoch nur etwas für Hartgesottene. Denn selbst im Hochsommer klettert die Wassertemperatur nur selten über die 20 Gradmarke.

Das Meer mit Bergen im Hintergrund.

Fast wie am Meer fühlt man sich am Sewansee.

Eine Kirchendach mit Blumen auf einem Hügel davor.

Die beste Aussicht auf den See genießt ihr vom Kloster Sevanavank.

Ein Sonnenschierm aus Holz mit einem See im Hintergrund.

Badevergnügen mit schneebedeckten Bergen am Horizont.

Hoch oben auf der Sevan-Halbinsel thront das Kloster Sevanavank. Hier treffen wir zum ersten Mal andere Reisende, deutlich erkennbar, mit Kameras bewaffnet. Auch die Armenier haben sich um Sevanavank auf Touristen eingestellt. Kleine Buden bieten Souvenirs und Kunsthandwerk. Sehr zu empfehlen ist die kleine Bäckerei oberhalb des Parkplatzes, in der wir uns mit einigen Stücken Gata eindecken, einer typisch armenische Süßspeise aus Blätterteig mit sündiger Füllung. Ganz nebenbei erlebe ich rund um das Kloster die üppigste Wildblumenpracht, die ich je zuvor gesehen habe.

Bis wir wieder ins Auto steigen und unseren Roadtrip fortsetzen. Denn nach wenigen Kilometern wird die Farbenpracht aufs Neue übertroffen. Lila Tupfer wechseln sich ab mit klatschmohnroten Blüten. Vollkommen verzückt und berauscht halten wir am Straßenrand, um uns an der bunten Palette der Natur zu erfreuen.

Wir sind nicht die einzigen, die sich über die Blütenpracht freuen.

Wir sind nicht die einzigen, die sich über die Blütenpracht freuen.

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Norawank und die Schlucht von Amaghu

Zweieinhalb Stunden später haben wir den See lange hinter uns gelassen und Armenien zeigt eine bislang unbekannte Facette. Schroffe Felsen ragen in die Höhe. Mitten durch die Schlucht von Amaghu windet sich eine kurvenreiche Straße. Zweifellos eine der malerischsten, die ich je befahren habe. Schließlich endet der Asphalt in dieser bizarren, ziegelroten Kulisse und das Kloster Norawank hebt sich empor. Die Klosteranlage aus dem 13. Jahrhundert diente bis ins 19. Jahrhundert als Grablege der Königsfamilie Orbelian und ist bekannt für seine zahlreichen, verzierten Kreuzsteine.
Eine Steintreppe führt in den zweiten Stock der Hauptkirche, Surb Astvatsatsin. Langsam und auf allen vieren kraxele ich hinauf. Denn die Stufen sind schmal, das Seil an der Steinwand erscheint wenig vertrauenerweckend und der Boden wirkt nach den ersten Schritten hinauf in weiter Ferne.

Eine Schlucht mit Bergen, zwischen der eine Straße durchführt.

Woraus Roadtrip-Träume gemacht sind.

Eine Kirche vor einem Berg.

Das Kloster Norawank vor ziegelroter Bergkulisse.

Die Kuppel einer Kirche von innen mit einer Glocke in der Mitte.

Schmale Stufen führen hinauf in den Glockenturm der Hauptkirche.

Schließlich stehe ich im Glockenturm des Sakralbaus. Zwischen den Säulen dringt Licht ins Innere. Eine magische Stille umgibt mich und mit ihr kommt ein paradoxer Wunsch auf. Zum einen habe ich den Drang möglichst vielen Menschen von Norawank zu erzählen. Auf der anderen Seite möchte ich diesen Ort geheim halten, um seinen friedlichen Zauber zu bewahren.

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Grenzblicke: Chor Virap und der Berg Ararat

Am nächsten Tag nähern wir uns der türkischen Grenze. Wieder erlebe ich Motive, die mich sprachlos und ehrfürchtig machen. Mit mehr als 5.000 Metern streckt sich der Berg Ararat gen Himmel. Die schneebedeckte Spitze des ruhenden Vulkans, der bereits auf türkischem Territorium liegt, ragt heute aus einer dichten Wolkenschicht hervor. Der Legende nach soll, hier im Ararat Gebirge, Noah mit seiner Arche gestrandet sein. Ein sagenumwobener Ort. Das Kloster Chor Virap, das nahe der Grenze auf der armenischen Seite liegt und im Vergleich zum mächtigen Vulkan winzig wirkt, betont die mythische Szene.

Chor Virap vor dem mächtigen Ararat.

Chor Virap vor dem mächtigen Ararat.

Bereits von der Landstraße erkennen wir die zahlreichen Menschen und Busse, die sich um Chor Virap tummeln. Irgendwie gefällt uns die Vorstellung von Gedränge und Selfie Sticks an diesem biblischen Ort nicht. So halten wir auf einem Feldweg, um das einzigartige Panorama von Ararat und Chor Virap aus der Ferne zwischen Weinreben zu bewundern.

Widerwillig lösen wir uns von Mythos und atemberaubendem Fotomotiv und steigen ins Auto. Auf der Straße hat sich ein Stau gebildet und es sieht nicht danach aus, als würden sich die Fahrzeuge in absehbarer Zeit in Gang bewegen. Zwischen hupenden Autos beschließt Pieter, der am Steuer sitzt, eine Abkürzung zu nehmen. Über einen Feldweg - wofür haben wir schließlich einen Jeep mit Allrad - holpern wir vorbei an Plantagen. Armenien ist bekannt für seine köstlichen Aprikosen. Hier hängen sie üppig von den Ästen. Saftig und perfekt reif sehen sie aus. Kurzerhand schnalle ich mich ab, lasse die Scheibe herunter und hänge mich mit dem Oberkörper aus dem Fenster, um uns eine Runde Aprikosen zu stibitzen. Hmmm, einfach köstlich. Der Anblick hatte nicht zu viel versprochen.

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Jerewan: Hauptstadt der Kunst und der Kontraste

Eine Millionen Menschen, etwa ein Drittel der Einwohner Armeniens, leben in Jerewan. Einer Stadt mit vielen Gesichtern. Mit noblen Shopping-Boulevards und Ladas die über die Straßen knattern, vorbei an roten Tuffsteingebäuden und neoklassizistischen Formen, mit denen der Architekt Alexander Tamanjan das Stadtbild prägte. Dazwischen untrennbar mit der Stadt verwoben: die Kunst. Unweit des Opernhauses haben Künstler ihre Werke ausgestellt. Von impressionistisch bis abstrakt. Einige Menschen stehen vor einer großen Staffelei, mit Pinseln bewaffnet, und versuchen sich an einem Gemeinschaftswerk.

In den Abendstunden, wenn sich die Dunkelheit über die Stadt legt, ist der Platz der Republik der place to be. Denn dann schießen unzählige, leuchtende Wasserfontänen in die Luft, begleitet von dem Spiel der Orgel.

Bilder die auf einer Fußgängerstraße ausgestellt sind.

Daran kommt man beim Streifzug durch Jerewan nicht vorbei: Kunst.

Ein Haus mit einem Baum davor.

Nachmittagssonne vor altehrwürdigen Fassaden.

Ein Platz zwischen Wohnhäusern.

An klaren Tagen schaut man von der Großen Kaskade bis zum Ararat.

Noch mehr Kunst gibt‘ im Skulpturengarten der Großen Kaskade zu entdecken, einer riesigen Treppe aus Kalkstein. Die 572 Stufen erklommen, erwartet euch ein phänomenaler Blick über die Dächer Jerewans bis zum Ararat Gebirge. Noch ein Stück weiter hinauf steht das Denkmal der Mutter Armenien. Stolz und mächtig steht sie da und wacht über ihre Stadt. Und ihr Land. Mit seiner bewegenden Geschichte, den herzlichen Einwohnern und seinen spektakulären Landschaftsbildern. Die wie gemacht scheinen, für das ultimative Roadtrip-Abenteuer.

Hier haben wir noch einmal Sarahs Roadtrip-Stationen für euch zusammengefasst:

Inhalte von Google Maps

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Google Maps Einbettung Vorschau
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Tipps für deinen Armenien Roadtrip

Klima in Armenien: Wann ist die beste Reisezeit? Von der Fläche gleicht Armenien in etwa Brandenburg. Somit bekommt ihr bereits in einer Woche einen guten Einblick in das Land. Eine Reise mit mehr Zeit ist natürlich immer fein – am besten im Frühling oder Frühsommer kommen, wenn die Wildblumen blühen.
Kommt man in Armenien mit Englisch weiter? Straßenschilder sind in der Regel zweisprachig (Armenisch und Englisch). Die Verständigung auf Englisch hat - bis auf wenige Ausnahmen, wie im Büro der Autoversicherung – prima geklappt.
Barbecue und Wein: Armeniens Küche ist bekannt für hervorragende Weine und deftige Grillspezialitäten. Immer wieder sieht man vom Auto aus einfache Barbecue-Stationen am Straßenrand. Köstliche Gerichte vom Grill erwarten euch im Kchuch Restaurant in Dilidschan und im Areni Wine Art, einem wahren Übernachtungsschatz unweit von Norawank.

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